Codename Caesar by Le Caisne Garance

Codename Caesar by Le Caisne Garance

Autor:Le Caisne, Garance [Le Caisne, Garance]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2016-03-18T16:00:00+00:00


7

Bei den Familien der Verschwundenen sein

Caesar «Manchmal habe ich Müttern helfen können, die ihre Söhne suchten. Wenn sie mich um Hilfe baten, hatten sie schon alles versucht. Sie hatten Kontakte, die nichts ausrichten konnten, oder sie hatten für nichts und wieder nichts Geld überwiesen.

Die Syrer haben in diesem Land immer bezahlt, um etwas über ihre inhaftierten Angehörigen in Erfahrung zu bringen. Aber seit der Revolution hat die Korruption andere Ausmaße angenommen. Im Innern der Armee und der Geheimdienste hat sich die Autorität zersetzt, Anweisungen werden immer weniger befolgt, die Pfeiler des Regimes sind irgendwie morsch. Diese Mafia ist eine Art Dschungel geworden. Viele haben die Gelegenheit ergriffen, mit dem Verkauf von Informationen, auch falschen, noch mehr Geld zu machen. Die kleinste Frage an ein Mitglied des Regimes will bezahlt werden, die kleinste Antwort auch.

Vor dem Krieg konntest du dich beschweren, wenn jemand von dir Geld erhalten und dich übers Ohr gehauen hatte. Heute ist das unmöglich. Wenn heute ein Vater wissen will, wo sein Sohn inhaftiert ist, von dem er seit Monaten keine Nachricht hat, wird er versuchen, einen Offizier, einen Geheimdienstagenten oder einen regierungsnahen Anwalt zu kontaktieren. Aber wenn sie ihm Geld für das Versprechen abknöpfen, seinen Sohn freizubekommen, und nicht Wort halten oder lügen, weil er schon tot ist, was soll der Vater dann tun? Sich bei den Machthabern beschweren? ‹Was›, wird man ihm entgegnen, ‹du willst Informationen über einen Terroristen? Du bist selber ein Terrorist. Du hast deinen Sohn zum Terroristen erzogen. Du gehörst selber ins Gefängnis!› Ein Agent deckt den anderen.

Es gab Mütter, die über mich an Informationen zu kommen versuchten. Da ich kein hochrangiger Offizier war, hatte ich weniger Macht als andere. Wenn sie sich an mich wandten, dann weil sie verzweifelt waren. Aber es war äußerst riskant für mich, auf meinem Handy angerufen zu werden, da es abgehört wurde. Ich rief dann von einem der öffentlichen Telefone zurück, die man nicht abhörte. Dank einiger Freunde bin ich an Informationen gelangt. Wenn die Gefangenen aus den Hafteinrichtungen der Geheimdienste kamen, wurden sie an die Militärpolizei überstellt, bevor sie ins Gefängnis gingen. Aber ich wusste nichts darüber, was in diesen Hafteinrichtungen geschah.

Wenn ich diesen Familien half, fühlte ich mich besser. Ich hatte ein etwas ruhigeres Gewissen, auch wenn ich weiterhin für das Regime, für Baschar al-Assad arbeitete.

Wer beispielsweise Informationen über einen Angehörigen erhalten will, der vom Militärgeheimdienst festgenommen worden ist, wendet sich prinzipiell an die Militärjustiz. Falls der Gefangene tot ist, schickt man den Fragesteller zum Krankenhaus von Tischrin, wo die Archive der Rechtsmediziner sind und er sich eine Sterbeurkunde aushändigen lassen kann. Sitzt der Angehörige dagegen im Gefängnis, verweist man den Bittsteller an die Militärpolizei, die ihm eine Besuchserlaubnis ausstellen kann. Und ist er in der Hafteinrichtung einer Geheimdienstabteilung, erledigt man die Angelegenheit damit, dass man behauptet, keinerlei Informationen über ihn zu haben.

Darum ist es so wichtig, Kontakte und Geld zu haben.

Während der zwei Jahre, in denen ich Aufnahmen von Gefangenenleichen gemacht habe, ist etwa ein Dutzend Familien direkt in unsere Dienststelle gekommen. Anhand der Häftlingsnummer oder der des ärztlichen Berichts kann man ein Foto in den Archiven finden.



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